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Warum können zusätzliche Lampen verboten sein?
OLG Zweibrücken, Urt. v. 16.11.2023, Az. 1 ORbs 1 SsRs 30/23
Die Ausstattung eines Fahrzeugs mit zusätzlichen Lampen erhöht die Sicherheit und trägt damit zur Verkehrssicherheit bei. So oder ähnlich mag der Gedankengang – und die durchaus gut gemeinte Absicht sein, wenn Vans, Zugmaschinen oder Anhänger mit extra Lampen versehen werden. Vom Grundgedanken her mag das ja auch zutreffen, denn die Sichtbarkeit des Fahrzeugs wird ja auch ohne Frage erhöht. Weshalb dies – in tatsächlicher Hinsicht – jedoch auch gegenteilige, der Verkehrssicherheit eher abträgliche Auswirkungen haben kann, hat das AG Landstuhl in einem vom OLG Zweibrücken (Az. 1 ORbs 1 SsRs 30/23 v. 16.11.2023) bestätigten Urteil vom 03.02.2023 (Az. 2 OWi 4211 Js 475/21 (2)) ausführlich und gut nachvollziehbar dargelegt.
Ungeachtet der allgemeinen Ausführungen hat in der zu entscheidenden Konstellation auch eine Rolle gespielt, dass die Zugmaschine erheblich stärker leuchtete, als der Auflieger. Da sich die Urteile, die sich mit zusätzlich angebrachter Beleuchtung Ausstattung an Kraftfahrzeugen befassen, in weiten Teilen gleichen, ist das Urteil des AG Landstuhl folgend auszugsweise kursiv wiedergegeben.
Die Beleuchtung führte generell zum Risiko des Übersehens anderer Fahrzeuge
Wegen der Leuchtkraft der Beleuchtung und der damit einhergehenden Helligkeit, die sich von anderen Fahrzeugen stark abhob, bestand bei schlechten Sichtbedingungen wie Dunkelheit, Regen oder Nebel die Gefahr, dass andere, hinter oder seitlich versetzt zu dem Sattelzug in gleicher Richtung fahrende, Fahrzeuge übersehen oder jedenfalls wesentlich zu spät gesehen werden konnten.
Aufgrund der Vielzahl der an der Sattelzugmaschine angebrachten, nach hinten und zur Seite wirkenden, Beleuchtungseinrichtungen war zu besorgen, dass die Beleuchtung anderer Fahrzeuge darin unterging. Hierdurch bestand die Gefahr eines Auffahrens des rückwärtigen Verkehrs auf in gleicher Richtung fahrende Fahrzeuge oder auf den ebenfalls deutlich schwächer beleuchteten Tankauflieger.
Einspurige und schwach beleuchtete Fahrzeuge hätten leicht übersehen werden können!
Erwartbar war insbesondere ein Übersehen einspuriger Fahrzeuge mit lediglich einer Rückleuchte oder von Fahrzeugen, bei denen eine Rückleuchte ohne Funktion oder mit eingeschränkter Funktion war.
Selbst im Falle eines späten Erkennens eines schwächer beleuchteten Fahrzeugs durch den herannahenden Verkehr bestand, insbesondere auf Bundesautobahnen aufgrund der dort regelmäßig gefahrenen erheblichen Geschwindigkeiten, das Risiko von plötzlichen Ausweich- oder starken Bremsmanövern, die wiederum eine erhebliche Gefahr für das ausweichende bzw. bremsende Fahrzeug sowie für den nachfolgenden Verkehr darstellen konnten. Bei zunehmender Verschlechterung der Sichtbedingungen war eine zunehmende Verstärkung dieses Effekts zu erwarten.
Auf Straßen mit Begegnungsverkehr, also insbesondere auf Straßen ohne Mittelstreifen und mit lediglich einem Fahrstreifen je Richtung, bestand daneben zusätzlich die Gefahr eines Übersehens vor dem Sattelzug fahrender und deutlich schwächer beleuchteter Fahrzeuge. Dies konnte jedenfalls dann zu kritischen Verkehrssituationen führen, wenn Fahrzeuge, die dem Sattelzug entgegenkamen, von in gleicher Richtung fahrenden Fahrzeugen überholt wurden, da die Gefahr bestand, dass vor der Sattelzugmaschine fahrende Fahrzeuge von Fahrzeugen im Gegenverkehr zu spät als solche erkannt werden und es zu riskanten Ausweichmanövern oder schlimmstenfalls zur Kollision kommen konnte.
Die Gefährdung war auch im innerstädtischen Verkehr heraufgesetzt!
Im innerstädtischen Verkehr sind zudem verstärkt einspurige Fahrzeuge wie Fahrräder, Elektrokleinstfahrzeuge („E-Scooter“) oder Klein- und Leichtkrafträder anzutreffen. Bei entsprechend schlechten Sichtverhältnissen bestand gerade auch für solche eine naheliegende Gefahr, dass sie von anderen Verkehrsteilnehmern neben der massiven Beleuchtung der Sattelzugmaschine entweder vollständig übersehen oder jedenfalls erst wesentlich zu spät gesehen wurden. Insbesondere für derartige Kleinfahrzeuge können bereits leichte Anstöße zu verheerenden Folgen führen.
Was war noch entscheidend?
Dass auf keiner der Zusatzleuchten Prüfzeichen oder Genehmigungsnummern vorhanden gewesen seien. Auch sei in der Zulassungsbescheinigung des Fahrzeugs, die man ebenfalls kontrolliert habe, keine die Zusatzbeleuchtung betreffende Eintragung vorhanden gewesen.
Die Feststellungen des hinzugezogenen Sachverständigen waren unmissverständlich
Die Zusatzbeleuchtung sei schon deshalb weder zulässig noch genehmigungsfähig gewesen, weil die maximale Anzahl der nach der StVZO zulässigen Leuchten eklatant überschritten worden sei. Ungeachtet dessen dürfen als Zusatzleuchten ohnehin nur LED-Leuchten mit entsprechender Zulassung verbaut werden, was hier aufgrund der fehlenden Bauartgenehmigung nicht der Fall gewesen sei. Dies ergebe sich daraus, dass auf den Leuchten keine entsprechenden Genehmigungszeichen vorhanden gewesen seien. Eine weitere Unzulässigkeit eines Teils der Zusatzbeleuchtung ergebe sich zudem daraus, dass dunkelgelbe, nach vorne bzw. nach hinten wirkende, Lampen (mit Ausnahme von Fahrtrichtungsanzeigern) im Geltungsbereich der StVZO unzulässig seien. Aufgrund der Masse an Beleuchtung sei zudem von einer erheblichen Helligkeit der Beleuchtung auszugehen, die sich von der Beleuchtung anderer Fahrzeuge deutlich abhebe, sodass auch insoweit die polizeilichen Feststellungen zu bestätigen seien.
Keine Bauartgenehmigung, keine Plakette!
Aufgrund der Nichteinhaltung der Beleuchtungsvorschriften sowie der fehlenden Bauartgenehmigung sei es möglich, dass es zu Beeinträchtigungen des Ausstrahlwinkels der Leuchten, also zu gegenseitigen Beeinträchtigungen in Form von Beleuchtungsüberlagerungen, gekommen sei, die potentiell geeignet gewesen sein können, die geometrische Sichtbarkeit des Fahrzeugs zu beeinflussen. Dies könne jedoch ohne Zusatzuntersuchungen weder verifiziert noch falsifiziert werden. Das Fahrzeug habe sich aufgrund der Zusatzbeleuchtung aber jedenfalls nicht in einem ordnungsgemäßen Zustand befunden, sodass es eine Haupt- und Sicherheitsuntersuchung in diesem Zustand nicht hätte bestehen dürfen.
Zusammenfassung
Der Beleuchtung von Fahrzeugen kommt auch abseits der Dunkelheit, etwa in Situationen, in denen die Sicht wetterbedingt eingeschränkt ist, eine herausragende Bedeutung für die rechtzeitige Erkennbarkeit von Fahrzeugen zu. Der Zweck der Beleuchtungsvorschriften sowie der Unzulässigkeit von anderen als den ausdrücklich für zulässig erklärten lichttechnischen Einrichtungen besteht darin, dass die Fahrzeuge bei Dunkelheit ein eindeutiges Signalbild geben sollen. Nicht nur bei Dunkelheit, sondern auch und gerade bei starkem Regen oder Nebel, oder bei einer Kumulation dieser Bedingungen, sind Fahrzeuge aus der Entfernung vielfach zuerst anhand ihrer Beleuchtung auszumachen, ehe die Fahrzeugumrisse erkannt werden können. Nicht nur die Anbringung von Leuchten in einer anderen als der für zulässig erklärten Farbe kann zu einem verwirrenden Signalbild führen (OLG Stuttgart, OLGSt StVZO § 19 Nr. 3), fehlerhafte, unzureichende oder ‒ wie vorliegend ‒ zusätzliche Beleuchtung kann, wenn sie ein gewisses Maß über- oder unterschreitet, auch gefährliche Verkehrssituationen hervorrufen. Die Beleuchtung von Fahrzeugen ist demnach von zentraler Bedeutung für die Verkehrssicherheit.
Angesichts der konkreten Ausgestaltung der Beleuchtung kam das Gericht zu dem Ergebnis, dass nicht nur die Betriebserlaubnis erloschen war, sondern der betroffene Fahrer die von seinem Fahrzeug „ausgehende Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer […] bei Anwendung der gehörigen Sorgfalt erkennen können und aus diesem Grund von einer Fahrt mit dem sich nicht in einem ordnungsgemäßen Zustand befindlichen Lastkraftwagen Abstand nehmen müssen.
Entscheidend sind aber auch hier die Umstände des Einzelfalls, wie ein anderer Beschluss des OLG Zweibrücken (Az. 1 OWi SsBs 101/21 v. 24.05.2022) zeigt.
Fazit
Das Urteil zeigt, nicht alles was gut gemacht ist muss auch gut ankommen. Bei den Konsequenzen verkehrsrechtlicher Verstöße sollte die Verteidigung indes schon gut gemacht sein.
Deshalb: Sollten sie wegen eines verkehrsrechtlichen Verstoßes belangt werden und sollten Punkte oder gar ein Fahrverbot drohen, kontaktieren Sie uns.
Wir regeln das!
Hier geht´s zum Urteil des AG Landstuhl
AG Landstuhl, Urteil vom 03.02.2023, Az. 2 OWi 4211 Js 475/21 (2)
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Bildnachweis: Polizeiautobahnstation Kaiserslautern
(Veröffentlichungsdatum: 21.02.2024)
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