Vorsatz oder nicht? - Bussgeldprofi.de

Absichtlich zu schnell gefahren?

Bayerisches Oberstes Landesgericht, Beschluss vom 10. Juli 2023 – 201 ObOWi 621/23

Unter bestimmten Voraussetzungen kann der Regelsatz bei der Ahndung von Ordnungswidrigkeiten verdoppelt werden. Die Klassiker sind Uneinsichtigkeit, negatives Nachtatverhalten (AG Ellwangen, Urt. v. 14.04.2023, Az. 7 OWi 36 Js 5096/23) oder Vorsatz bei der Tatbegehung. Während sich ein negatives Nachtatverhalten und Uneinsichtigkeit aber deutlich manifestieren, ist dies bei Vorsatz komplizierter. Schließlich ist Vorsatz eine Angelegenheit, die sich im Kopf des Täters abspielt.

Mitunter können jedoch Indizien dafür sprechen, dass eine Tat nicht nur fahrlässig begangen worden ist. Abhängig vom Verhältnis zwischen der gefahrenen und der vorgeschriebenen Geschwindigkeit, kann das Maß der Geschwindigkeitsüberschreitung eines dieser Indizien sein.

Hohe Geschwindigkeit = hoher Geräuschpegel?

Das Bayerische OLG hat sich in seinem Beschluss auf die obergerichtliche Rechtsprechung bezogen und ausgeführt, „dass bei erheblichen Geschwindigkeitsüberschreitungen um mehr als 40 % in der Regel von vorsätzlicher Begehungsweise ausgegangen werden kann, weil anhand der Motorengeräusche, der sonstigen Fahrgeräusche, der Fahrzeugvibration und anhand der Schnelligkeit, mit der sich die Umgebung ändert, der Fahrer zuverlässig einschätzen kann und dadurch erkennt, dass er die erlaubte Höchstgeschwindigkeit wesentlich überschreitet.“

„Nur bei niedrigeren Überschreitungen müssen weitere Indizien herangezogen werden, wie etwa das Vorliegen von mehreren Geschwindigkeitsüberschreitungen in engem zeitlichen und räumlichen Zusammenhang (KG, Beschl. v. 27.02.2023 – 122 Ss 16/23; OLG Hamm, Beschl. v. 05.12.2019 – 2 Rbs 267/19; OLG Zweibrücken Beschl. v. 03.02.2022, Az. 1 OWi 2 SsBs 113/21; OLG Celle VRS 140 Nr. 18, NStZ-RR 2017, 388, jew. m.w.N.).“

Fahrzeuge sind moderner geworden!

Den Ausführungen des Gerichts ist zumindest dahingehend zuzustimmen, dass der Geräuschpegel bei wenig gedämmten Fahrzeugen mit zunehmender Geschwindigkeit ansteigt. Dies gilt aber eben nur bei schwacher Dämmung, wie sie insbesondere noch bei älteren Fahrzeugen angetroffen werden kann. Allerding kommen inzwischen z.B. vielfach Akustikschwerfolien, Antidröhnmatten und spezielle Schäume zum Einsatz, die den Schallschutz erhöhen. Weitere Maßnahmen (z.B. Doppelverglasung) sind möglich. Die durchgängige Anwendbarkeit der Formel „Hohe Geschwindigkeit = hoher Geräuschpegel“ ist damit zumindest in Frage gestellt.

Fazit

Der Vorwurf einer vorsätzlich begangenen Geschwindigkeitsüberschreitung erfordert mehr als nur einfache Rechenarbeit. Und selbst wenn Indizien Vorsatz nahelegen sollten, bleiben sie eben doch „nur“ Indizien. Entscheidend sind und bleiben die Umstände des Einzelfalls sowie eine gute Verteidigung.

Sollten Sie sich mit dem Vorwurf einer Geschwindigkeitsüberschreitung konfrontiert sehen und sollten Ihnen ein Bußgeld, Punkte oder gar ein Fahrverbot drohen, kontaktieren Sie uns!

Wir regeln das!

(Veröffentlichungsdatum: 22.05.2024)

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