

Zum Vorsatz bei Geschwindigkeitsüberschreitungen
Beschluss des OLG Köln vom 12.10.2023, Az. 1 ORBs 273/23
In § 3 Abs. 4a Bußgeldkatalog-Verordnung (BKatV) heißt es:
„Wird ein Tatbestand des Abschnitts I des Bußgeldkatalogs vorsätzlich verwirklicht, für den ein Regelsatz von mehr als 55 Euro vorgesehen ist, so ist der dort genannte Regelsatz zu verdoppeln…“, Die Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit ist ein solcher Tatbestand. Wenn eine Geschwindigkeitsüberschreitung festgestellt worden ist, lautet die Frage „War es Vorsatz oder Fahrlässigkeit?“ Die Herausforderung für die Gerichte besteht darin, den Vorsatz nicht nur abstrakt, sondern auch konkret nachzuweisen.
168% zu schnell = Vorsatz?
Ein Betroffener war in einer Baustelle geblitzt worden. Und das die zulässige Höchstgeschwindigkeit 60 km/h betragen hatte, er war er 101 km/h unterwegs gewesen war, hatte ihn das Amtsgericht Köln zu einer Geldbuße von 2000 Euro verurteilt und eine zweimonatige Fahrerlaubnis verhängt. Bei der Bemessung der Rechtsfolge hatte es Vorsatz unterstellt.
Dabei hatte es den „von der der Rechtsprechung anerkannten Erfahrungssatz“ zugrunde gelegt, wonach „einem Fahrzeugführer die erhebliche Überschreitung der zulässigen Geschwindigkeit aufgrund der Fahrgeräusche und der vorüberziehenden Umgebung jedenfalls dann nicht verborgen bleibt, wenn die zulässige Höchstgeschwindigkeit um mehr als 40 % überschritten wird.“
Vorsatz darf nicht „einfach so“ angenommen werden!
Der Umstand, dass der Betroffene auf einer Autobahn gefahren war – auf der regelmäßig keine Geschwindigkeitsbegrenzung gilt – war für das Gericht ohne Bedeutung. Schließlich hatte der Verstoß innerhalb eines eindeutig beschilderten Baustellenbereichs stattgefunden.
Vorsatz hatte das Gericht zugrunde gelegt, weil der der Betroffene diese nicht als Anlass für eine erhöhte Sorgfalt bei der Beobachtung der wechselnden Beschilderung genommen, sondern vielmehr der maßgeblichen Erwartung nachgegeben hatte, seine nicht mehr weit entfernte Heimatadresse schnell zu erreichen.
Vorsatz bedeutet keine Billigung der konkreten Überschreitung!
Zudem lag ein vorsätzliches Handeln auch deshalb nahe, weil die Geschwindigkeitsüberschreitung nicht nur geringfügig war, sondern der Betroffene eben schnell zu seiner nicht mehr weit entfernten Heimatadresse gelangen wollte. Als Beleg für eine bedingt vorsätzliche Geschwindigkeitsüberschreitung von 101 km/h genügte dies dem Oberlandesgericht aber nicht aus. Es sei schließlich vorstellbar, dass der Betroffene zwar eine Überschreitung der Geschwindigkeit als solche, nicht aber in der festgestellten Höhe beabsichtigt hatte (Oberlandesgericht Köln, 1 ORBs 273/23)
Im Zweifel ist neu zu entscheiden!
In der Folge konnte ein Irrtum des Betroffenen über das Maß der Geschwindigkeitsübertretung nicht ausgeschlossen werden. Da ein solcher sich aber auf den Schuldumfang und damit auch auf die Höhe des Bußgeldes auswirken würde, musste der Sachverhalt neu bewertet werden.
Die Entscheidung des Amtsgerichts, das auf die Höchstbuße gemäß § 24 Abs. 2 StVG erkannt hatte, konnte deshalb keinen Bestand haben und das OLG verwies die Sache zu erneuter Behandlung und Entscheidung an das Amtsgericht Köln zurück.
Fazit
Soll eine Verurteilung auf Vorsatz gestützt werden, genügt es nicht, nur den Vorsatz als solchen nachzuweisen. Das Gericht muss vielmehr beweisen, dass der Vorsatz sich auch konkret auf den verwirklichten Taterfolg bezogen hatte. Dies ist anspruchsvoll und erhöht die Chancen für eine erfolgreiche Verteidigung!
Sollten Ihnen ein Geschwindigkeitsverstoß vorgeworfen und nicht nur ein Bußgeld, sondern möglicherweise auch Punkte und ein Fahrverbot drohen, kontaktieren Sie uns!
FAQ
Kann in bestimmten Fallgestaltungen von Vorsatz ausgegangen werden?
Erfahrungsgemäß ist im Baustellenbereich auf Autobahnen die höchstzulässige Geschwindigkeit auf Werte zwischen 40 und 100 km/h beschränkt. Der Grad der Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit wir daher immer wieder als starkes Indiz für fahrlässiges bzw. vorsätzliches Handeln herangezogen (z.B. KG Berlin, Beschl. v. 21.06.2004, Az. 3 Ws (B) 186/04. Vorsatz wird daher gern unterstellt. Eine Verurteilung erfordert aber regelmäßig Feststellungen dazu, dass der Betroffene sich der höchst zulässigen Geschwindigkeit bewusst gewesen ist (OLG Bamberg, Beschl. v. 201.03.2019, Az. 3 Ss OWi 126/19).
Ob die Feststellung „Auch ohne ständigen Blick auf den Tachometer seines Fahrzeugs kann im Normalfall davon ausgegangen werden, dass ein geübter Kraftfahrer, der die erlaubten 100 km/h um mehr als 50 % überschreitet, dies beispielsweise anhand der Motorengeräusche des ihm vertrauten Fahrzeugs, der sonstigen Fahrgeräusche, der Fahrzeugvibration und anhand der Schnelligkeit, mit der sich die Umgebung um ihn herum verändert, zuverlässig einschätzen und dadurch erkennen kann, dass er die erlaubte Höchstgeschwindigkeit erheblich überschreitet“ (OLG Brandenburg, Beschl. v. 27.09.2022, Az. 1 OLG 53 Ss-OWi 397/22) in Hinblick auf die heutige Fahrzeugtechnik von aufrecht erhalten werden kann, soll hier dahingestellt bleiben.
Denn selbst wenn ein „für jedermann deutlich sichtbar am linken und rechten Fahrbahnrand aufgestellt“ ist, kann bei einem Verstoß nicht per se auf vorsätzliche oder nur fahrlässige Nichtbeachtung geschlossen werden. Ein Erfahrungssatz dahin, dass gut sichtbar aufgestellte Schilder immer gesehen werden, existiert nicht (OLG Stuttgart, Beschl. v. 09.04.2010, Az. 1 Ss 53/10).
(Veröffentlichungsdatum: 23.01.2024)
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