

Über "Rot" gefahren?
Rotlichturteile müssen klar und nachvollziehbar begründet werden!
Urteile wegen qualifizierter Rotlichtverstoßes müssen – angesichts ihrer erheblichen Auswirkungen – eine nachvollziehbare Begründung enthalten. Schwammige Ausführungen wie „Der Zeitraum des Rotlichts hat beim Überfahren der Haltelinie mehr als eine Sekunde betragen.“ reichen nicht aus. Zudem dürfen die tatrichterlichen Schlussfolgerungen nicht derart weit von einer festen Tatsachengrundlage entfernt sein, dass sie letztlich nur Vermutungen darstellen (z.B. OLG Hamm. Urt. v. 01.09.2009, Az. 2 Ss OWi 550/09).
Die Urteilsgründe müssen nachvollziehbar sein!
Insbesondere müssen die Feststellungen – auf die das Urteil gestützt werden soll – nachvollziehbar aus dem Beweisergebnis hergeleitet worden sein. So müssen z.B. wenn der qualifizierte Rotlichtverstoß auf den Beobachtungen eines Zeugen (z.B. Polizeibeamten) beruht, die angewandte Messmethode dargestellt und hinsichtlich ihrer Beweiskraft bewertet werden. Unterbleibt dies, fehlt es schon an einer tragfähigen Grundlage für die Überprüfung durch das Rechtsbeschwerdegericht.
So hat z.B. das OLG Düsseldorf in einem Beschluss vom 13.07.2020 (Az. IV-4 RBs 46/20) ausgeführt, wie folgt: „Die Angabe der für erwiesen erachteten Tatsachen, in denen die gesetzlichen Merkmale der ordnungswidrigen Handlung gefunden werden ist unerlässlich und zwar hinsichtlich des Sachverhalts sowie des Orts und der Zeit; dies bedeutet bei einer Verkehrsordnungswidrigkeit eine hinreichende Wiedergabe der Örtlichkeit, der Verkehrsregelung und der besonderen Verkehrssituation (vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 16.08.1989, Az. 5 Ss (OWi) 298/89 – (OWi) 126/89 I; Thüringer Oberlandesgericht, Beschluss vom 14. Oktober 2005 – 1 Ss 148/05). Feststellungen, die nur die Worte des Gesetzes wiederholen oder mit allgemeinen Redewendungen umschreiben, reichen nicht aus. Die den Tatsachenfeststellungen zugrunde liegende Beweiswürdigung muss im Regelfall erkennen lassen, wie sich der Betroffene eingelassen hat, ob der Richter der Einlassung folgt oder ob und inwieweit er die Einlassung als widerlegt ansieht; schweigt der Betroffene oder bestreitet er die Tat, müssen die Urteilsgründe die tragenden Beweismittel wiedergeben und sich mit ihnen auseinandersetzen.“
Nicht jedes Beweismittel ist geeignet!
Wie z.B. das Kammergericht Berlin in einem Beschluss vom 01.07.2021, Az. 3 Ws (B) 167/21, 3 Ws (B) 167/21 – 122 Ss 79/21 ausgeführt hat, bedarf es wegen des Fehlens eines Numerus Clausus der Beweismittel weder „einer geeichten Uhr oder gar einer fest installierten, zugelassenen und geeichten Verkehrsüberwachungsanlage. Auch das sog. Sekundenzählen durch gezielt überwachende Polizeibeamte wurde – insbesondere in etwas älteren Entscheidungen – als ggf. zuverlässiges Beweismittel anerkannt“ (vgl. z.B. OLG Saarbrücken, Beschl. v. 24.01.2019, Az. Ss BS 107/2018 (76/18); OLG Köln, Beschl. v. 07.09.2021, Az. 8 Ss OWi 12/04; Beschl. v. 12.12.2003, Az. SS 527/03).
Als Folge ist – dort wo ein Rotlichtverstoß ohne technische Hilfsmittel und nur durch Zeugenbeweis nachgewiesen werden soll – eine kritische Würdigung des Beweiswertes unerlässlich. Keinesfalls darf sich ein Richter ausschließlich auf die Angaben und Schätzungen eines Polizeibeamten stützen, wonach die Lichtzeichenanlage bereits mehr als drei Sekunden Rotlicht gezeigt haben soll, bevor der Betroffene diese passierte. Da Zeitschätzungen – wegen der Ungenauigkeit des menschlichen Zeitgefühls – in der Regel mit einem erheblichen Fehlerrisiko behaftet sind, macht dies auch Sinn (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 08.11.2007, Az. 3 Ss OWi 406/07, m.w.N.). Derartige Feststellungen mögen zwar einen Rotlichtverstoß als solchen belegen. Ohne detaillierte Angaben dazu, wie lange die Ampel bereits „auf Rot“ stand, können sie eine Verurteilung indes nur schwer tragen. Ohne Angaben zur Geschwindigkeit des Betroffenen, seiner Entfernung von der Ampelanlage bei Lichtwechsel auf Rot oder zumindest einer Beschreibung eines – während der Rotlichtdauer abgelaufenen – zeitlich eingrenzbaren Vorgangs, an dem sich der Zeuge bei seiner Schätzung orientiert hat, ist die Angabe unzureichend (vgl. OLG Hamm, Beschl. v. 18.07.2019, m.w.N. Az. III-4 RBs 185/19). Freie Schätzungen, die sich auf eine gefühlmäßige Erfassung der verstrichenen Zeit beziehen, sind zur Feststellung von Zeitintervallen im Sekundenbereich jedenfalls ungeeignet (Bayerisches OLG, Beschluss vom 19.6.2002, Az. 1 ObOWi 79/02). Zwar können Umstände, durch die die Richtigkeit einer Schätzung erhärtet wird, sich z.B. aus einer der angewandten Zählmethode (gedankliches Aussprechen der Zahlen „einundzwanzig, zweiundzwanzig“ ergeben (OLG Hamburg, Beschl. v. 1.06.2011, Az. 3 – 26/11 (RB)) und in den Urteilsgründen muss in aller Regel der Programmablauf der Lichtzeichenanlage mitgeteilt werden. Ein logischer Rückschluss allein reicht jedoch nicht aus (OLG Hamm. Urt. v. 01.09.2009, Az. 2 Ss OWi 550/09).
Fazit
Wer wegen eines vorgeblichen Rotlichtverstoßes angeklagt worden oder gar schon verurteilt worden ist, sollte dies im Zweifel nicht ungefragt akzeptieren. Die Erfahrung hat gezeigt, dass Gerichte die Angaben nicht immer ausreichend hinterfragen und in ihrer Beweiskraft falsch bewerten. Ein qualifizierter Anwalt kann dies im Verfahren herausarbeiten und damit bewirken, dass der Rotlichtverstoß als nicht rechtsfehlerfrei festgestellt gilt. Das Urteil ist dann aufzuheben und ggf. zur erneuten Verhandlung an das Ausgangsgericht zurück zu verweisen.
Bildnachweis: Pixabay/Hasselqvist
(Veröffentlichungsdatum: 14.09.2021)
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