

Ist Ablegen eines Mobiltelefons auf dem Oberschenkel schon eine Benutzung?
BayObLG München, Beschluss v. 10.01.2022 – 201 ObOWi 1507/21
Das Bayerische Oberlandesgericht München hatte darüber zu entscheiden, ob das Ablegen eines Mobiltelefons auf dem Oberschenkel ein „Benutzen“ im Sinne von § 23 Abs. 1a StVO darstellt.
Was war passiert?
Eine Autofahrerin fuhr mit ihrem Fahrzeug im stockenden Verkehr. Ihr Mobiltelefon lag auf dem rechten Oberschenkel und sie wählte durch Tippen mit einem Finger die Wahlwiederholung einer Fluggesellschaft aus- und an. Da sie dabei beobachtet worden war, erhielt sie einen Bußgeldbescheid über 100 Euro. Der Vorwurf lautete, sie habe während der Fahrt ein elektronisches Gerät im Sinne von § 23 Abs. 1a StVO genutzt.
Das Amtsgericht sprach die Betroffene frei!
Die Betroffene legte gegen diesen Bescheid form- und fristgerecht Einspruch ein, dem die Behörde aber nicht abhalf. Die Angelegenheit landete daher vor dem Amtsgericht. Dieses wiederum sprach die Betroffene frei, da es in der bloßen Bedienung des auf dem Oberschenkel liegenden Mobiltelefons – keinen Verstoß gegen § 23 Abs. 1a StVO erkennen konnte.
Schließlich handele es sich bei der Regelung des § 23 Abs. 1a Nr. 1 StVO um ein „hand-held-Verbot“. Das Mobiltelefon sei aber weder aufgenommen noch gehalten worden. Die Tatbestandsvariante des § 23 Abs. 1a Satz 1 Nr. 2b StVO sah das Gericht nicht als erfüllt an, „weil die Einlassung der Betroffenen, wonach sie jederzeit bremsbereit und ohne ihren Blick vom Verkehrsgeschehen abzuwenden nur kurz die Wahlwiederholungstaste bedient habe, nicht zu widerlegen gewesen sei.“
Auch Legen kann Halten sein!
Die Staatsanwaltschaft sah das anders und legte Rechtsbeschwerde ein. Diese begründete sie damit, dass ein Mobiltelefon während der Fahrt, verbunden mit den damit einhergehenden Geschwindigkeits- und Richtungsänderungen, nicht allein durch die Schwerkraft auf dem Schenkel verbleiben kann, sondern es einer bewussten Kraftanstrengung bedürfe, um die Auflagefläche so auszubalancieren, dass das Mobiltelefon nicht vom Bein herunterfällt. Auch dieses durch menschliche Kraftanstrengung bewirkte Ausbalancieren würde den Begriff des Haltens erfüllen.
Was sagte das OLG München?
Jetzt war das Bayerische Oberlandesgericht München an der Reihe. Dieses kam zu dem Schluss, dass der Tatbestand des Haltens auch dann erfüllt sei, wenn das Mobiltelefon auf dem Oberschenkel abgelegt ist. In der Begründung des Urteils verwies das Gericht auf den Wortsinn, demzufolge „Halten“ einerseits „festhalten“ und andererseits „bewirken, dass etwas in seiner Lage, seiner Stellung oder Ähnlichem bleibt“ bedeutet.
In den Gründen heißt es dazu: „Demnach liegt ein Halten nicht nur dann vor, wenn ein Gegenstand mit der Hand ergriffen wird, sondern etwa auch dann, wenn ein elektronisches Gerät bei der Nutzung zwischen Schulter und Ohr (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 04.12.2020 – 1 RBs 347/20; AG Coesfeld, Urt. v. 20.04.2018 – 3b OWi – 89 Js 2030/17-306/17) bzw. zwischen Oberschenkel und Lenkrad fixiert wird. Darüber hinaus ist ein Halten aber auch dann gegeben, wenn ein in § 23 Abs. 1a StVO genanntes Gerät in sonstiger Weise mit Hilfe der menschlichen Muskulatur in seiner Position bleibt. Wie die Staatsanwaltschaft in ihrer Rechtsbeschwerde zutreffend darlegt, kann ein Mobiltelefon während der Fahrt, verbunden mit den damit einhergehenden Geschwindigkeits- und Richtungsänderungen, nicht allein durch die Schwerkraft auf dem Schenkel verbleiben, sondern es bedarf bewusster Kraftanstrengung, um die Auflagefläche so auszubalancieren, dass das Mobiltelefon nicht vom Bein herunterfällt. Auch dieses durch menschliche Kraftanstrengung bewirkte Ausbalancieren unterfällt dem Begriff des Haltens.“
Die Beeinträchtigung von Sicht und Gehör entscheidet!
Weiterhin bezieht sich das Gericht auf den Sinn und Zweck der Regelung. Demnach dürfen Sicht und Gehör des Fahrers während der Fahrt nicht beeinträchtigt sein. Zudem dürfe eines der in § 23 Abs. 1 Satz 1 StVO genannten elektronischen Geräts dürfe nur dann genutzt werden, wenn es hierzu weder aufgenommen noch gehalten werden muss und „entweder nur eine Sprachsteuerung oder eine Vorlesefunktion genutzt wird oder die Bedienung des Geräts nur eine kurze Blickzuwendung erfordert.“ Entscheidend sei, dass Fahrer sich „primär auf das Verkehrsgeschehen konzentrieren soll und durch die Nutzung eines elektronischen Geräts nur innerhalb der durch § 23 Abs. 1a Satz 1 StVO vorgegebenen Grenzen abgelenkt wird.“
Die Bestimmung diene dazu, „Gefahren für die Verkehrssicherheit zu verhindern, die aus einem Aufnehmen und Halten des Geräts und einer mit der Gerätenutzung verbundenen, nicht nur unwesentlichen Beeinträchtigung der visuellen Wahrnehmung des Verkehrsgeschehens resultieren“ (vgl. BGH, Beschluss vom 16.12.2020 – 4 StR 526/19 …). Eine solche unzulässige Ablenkung liegt insbesondere dann vor, wenn der Fahrer nicht mehr beide Hände zum Lenken des Fahrzeugs zur Verfügung hat (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 27.03.2020 – 1 Rb 36 Ss 832/19 … ; OLG Hamm, Beschluss vom 28.05.2019 – 4 RBs 92/19), wobei nicht das Halten also solches, sondern nur die Benutzung bei gleichzeitigem Halten untersagt ist.“
Fazit
- 23 Abs. 1a Nr. 1 StVO ist immer wieder für Überraschungen gut. Wer sichergehen will, sollte daher entweder die Freisprechanlage benutzen oder das Telefon fernab vom Körper – z.B. in der Mittelkonsole in einer Becherhalterung platzieren. Das Urteil wäre wahrscheinlich auch dann anders ausgefallen, wenn die Betroffene das Mobiltelefon nicht nur auf dem Oberschenkel abgelegt, sondern z.B. mit einem Klettband fixiert hätte.
Hier geht´s zum Beschluss: BayObLG München, Beschl. v. 10.01.2022, Az. 201 ObOWi 1507/21
(Veröffentlichungsdatum: 02.02.2022)
Zurück zur Artikelübersicht
Alle Artikel ansehenFür Sie erreichbar
Bundesweit an über 25 Standorten.
Montag bis Freitag von 8:00 bis 18:00 Uhr.
Zentralruf: 0231 60008220
E-Mail: zentrale@kanzlei-voigt.de
Wir freuen uns auf Ihre Anfrage.
Henning Hamann
Rechtsanwalt,
Geschäftsführer

Berlin
Bielefeld
Braunschweig
Bremen
Dortmund
Dresden
Erfurt
Essen
Frankfurt am Main
Fulda
Hamburg
Hannover
Kassel
Koblenz
Köln
Landshut
Leipzig
Lübeck
Magdeburg
Mannheim
München
Münster
Neubrandenburg
Potsdam
Rostock
Saarbrücken
Stuttgart
Wiesbaden





























Kanzlei Voigt Rechtsanwalts GmbH
Niederlassung Berlin
Mauerstraße 86-88
10117 Berlin
Tel.: (030) 680740130
Fax: (030) 680740131
E-Mail: berlin@kanzlei-voigt.de
Web: Standort Berlin

Kanzlei Voigt Rechtsanwalts GmbH
Niederlassung Bielefeld
Herforder Straße 195
33609 Bielefeld
Tel.: (0521) 58490170
Fax: (0521) 58490171
E-Mail: bielefeld@kanzlei-voigt.de
Web: Standort Bielefeld
Kanzlei Voigt Rechtsanwalts GmbH
Zweigniederlassung Braunschweig
Petzvalstraße 39
38104 Braunschweig
Tel.: (0531) 21945620
Fax: (0531) 21945629
E-Mail: braunschweig@kanzlei-voigt.de
Web: Standort Braunschweig

Kanzlei Voigt Rechtsanwalts GmbH
Niederlassung Bremen
Am Kaffee-Quartier 3
28217 Bremen
Tel.: (0421) 89774250
Fax: (0421) 89774251
E-Mail: bremen@kanzlei-voigt.de
Web: Standort Bremen

Kanzlei Voigt Rechtsanwalts GmbH
Niederlassung Dortmund
Kleppingstraße 20
44135 Dortmund
Tel.: (0231) 2290020
Fax: (0231) 22900230
E-Mail: dortmund@kanzlei-voigt.de
Web: Standort Dortmund

Kanzlei Voigt Rechtsanwalts GmbH
Ruhrallee 9
44139 Dortmund
Tel.: (0231) 60008220
Fax: (0231) 60008233
E-Mail: zentrale@kanzlei-voigt.de
Web: Standort Dortmund

Kanzlei Voigt Rechtsanwalts GmbH
Niederlassung Dresden
Königsbrücker Straße 28-30
01099 Dresden
Tel.: (0351) 32018670
Fax: (0351) 32018677
E-Mail: dresden@kanzlei-voigt.de
Web: Standort Dresden

Kanzlei Voigt Rechtsanwalts GmbH
Niederlassung Erfurt
Maximilian-Welsch-Straße 4
99084 Erfurt
Tel.: (0361) 653130
Fax: (0361) 6531316
E-Mail: erfurt@kanzlei-voigt.de
Web: Standort Erfurt

Kanzlei Voigt Rechtsanwalts GmbH
Niederlassung Essen
Norbertstraße 7
45131 Essen
Tel.: (0201) 72685230
Fax: (0201) 726852329
E-Mail: essen@kanzlei-voigt.de
Web: Standort Essen

Kanzlei Voigt Rechtsanwalts GmbH
Niederlassung Frankfurt am Main
Hanauer Landstraße 220
60314 Frankfurt am Main
Tel.: (069) 943186500
Fax: (069) 9431865022
E-Mail: frankfurt@kanzlei-voigt.de
Web: Standort Frankfurt am Main

Kanzlei Voigt Rechtsanwalts GmbH
Zweigniederlassung Fulda
Lindenstraße 20
36037 Fulda
Tel.: (0661) 296 96 30
Fax:
E-Mail: fulda@kanzlei-voigt.de
Web: Standort Fulda

Kanzlei Voigt Rechtsanwalts GmbH
Niederlassung Hamburg
Friedrich-Ebert-Damm 111 b
22047 Hamburg
Tel.: (040) 360220470
Fax: (040) 3602204710
E-Mail: hamburg@kanzlei-voigt.de
Web: Standort Hamburg

Kanzlei Voigt Rechtsanwalts GmbH
Niederlassung Hannover
Oldenburger Allee 18
30659 Hannover
Tel.: (0511) 545237-20
Fax: (0511) 545237-21
E-Mail: hannover@kanzlei-voigt.de
Web: Standort Hannover

Kanzlei Voigt Rechtsanwalts GmbH
Niederlassung Kassel
Opernstraße 2
34117 Kassel
Tel.: (0561) 93505-0
Fax: (0561) 93505-40
E-Mail: kassel@kanzlei-voigt.de
Web: Standort Kassel

Kanzlei Voigt Rechtsanwalts GmbH
Zweigniederlassung Koblenz
Entenpfuhl 37
56068 Koblenz
Tel.: (0261) 94909920
Fax: (0261) 94909939
E-Mail: koblenz@kanzlei-voigt.de
Web: Standort Koblenz

Kanzlei Voigt Rechtsanwalts GmbH
Niederlassung Köln
Siegburger Straße 203
50679 Köln
Tel.: (0221) 50067940
Fax: (0221) 50067949
E-Mail: koeln@kanzlei-voigt.de
Web: Standort Köln

Kanzlei Voigt Rechtsanwalts GmbH
Zweigniederlassung Landshut
Siemensstraße 24
84030 Landshut
Tel.: (0871) 40470330
Fax: (0871) 40470359
E-Mail: landshut@kanzlei-voigt.de
Web: Standort Landshut
Kanzlei Voigt Rechtsanwalts GmbH
Niederlassung Leipzig
Nordstraße 17-21
04105 Leipzig
Tel.: (0341) 1407630
Fax: (0341) 14076311
E-Mail: leipzig@kanzlei-voigt.de
Web: Standort Leipzig

Kanzlei Voigt Rechtsanwalts GmbH
Niederlassung Lübeck
An der Untertrave 98
4. Stock
23552 Lübeck
Tel.: (0451) 5057435-0
Fax: (0451) 5057435-29
E-Mail: luebeck@kanzlei-voigt.de
Web: Standort Lübeck

Kanzlei Voigt Rechtsanwalts GmbH
Niederlassung Magdeburg
Breiter Weg 232a
39104 Magdeburg
Tel.: (0391) 50380140
Fax: (0391) 503801429
E-Mail: magdeburg@kanzlei-voigt.de
Web: Standort Magdeburg

Kanzlei Voigt Rechtsanwalts GmbH
Niederlassung Mannheim
Gottlieb-Daimler-Straße 12
68165 Mannheim
Tel.: (0621) 97607030
Fax: (0621) 976070329
E-Mail: mannheim@kanzlei-voigt.de
Web: Standort Mannheim

Kanzlei Voigt Rechtsanwalts GmbH
Niederlassung München
Balanstraße 59
7.Stock
81541 München
Tel.: (089) 5329510
Fax: (089) 53295153
E-Mail: muenchen@kanzlei-voigt.de
Web: Standort München

Kanzlei Voigt Rechtsanwalts GmbH
Niederlassung Münster
Robert-Bosch-Straße 7-9
48153 Münster
Tel.: (0251) 20818750
Fax: (0251) 20818751
E-Mail: muenster@kanzlei-voigt.de
Web: Standort Münster

Kanzlei Voigt Rechtsanwalts GmbH
Niederlassung Neubrandenburg
Friedrich-Engels-Ring 48a
17033 Neubrandenburg
Tel.: (0395) 37996010
Fax: (0395) 37996019
E-Mail: neubrandenburg@kanzlei-voigt.de
Web: Standort Neubrandenburg

Kanzlei Voigt Rechtsanwalts GmbH
Niederlassung Potsdam
Behlertstraße 3a
Haus B2
14467 Potsdam
Tel.: (0331) 98199810
Fax: (0331) 98199849
E-Mail: potsdam@kanzlei-voigt.de
Web: Standort Potsdam

Kanzlei Voigt Rechtsanwalts GmbH
Zweigniederlassung Rostock
Kröpeliner Straße 74
18055 Rostock
Tel.: (0381) 8771630
Fax: (0381) 87716399
E-Mail: rostock@kanzlei-voigt.de
Web: Standort Rostock

Kanzlei Voigt Rechtsanwalts GmbH
Zweigniederlassung Saarbrücken
Bühler Straße 20-28
66130 Saarbrücken
Tel.: (0681) 94007460
Fax: (0681) 94007489
E-Mail: saarbruecken@kanzlei-voigt.de
Web: Standort Saarbrücken

Kanzlei Voigt Rechtsanwalts GmbH
Niederlassung Stuttgart
Kreuznacher Straße 66
70372 Stuttgart
Tel.: (0711) 8924820
Fax: (0711) 89248229
E-Mail: stuttgart@kanzlei-voigt.de
Web: Standort Stuttgart
Kanzlei Voigt Rechtsanwalts GmbH
Niederlassung Wiesbaden
Friedrichstraße 14
65185 Wiesbaden
Tel.: (0611) 5657790
Fax: (0611) 56577945
E-Mail: wiesbaden@kanzlei-voigt.de
Web: Standort Wiesbaden