Fahrzeugführer müssen vor Fahrtantritt eine Gewichtskontrolle durchführen!

OLG Oldenburg, Beschl. v. 08.10.2024, Az. 2 ORbs 143/24

Bei einer Polizeikontrolle wurde festgestellt, dass ein landwirtschaftliches Gespann bzw. der mit Kartoffeln beladene Anhänger deutlich überladen war. Statt der erlaubten 24 Tonnen betrug das Gesamtgewicht 30,24 Tonnen. Offensichtlich hatte der Fahrer keine Gewichtskontrolle durchgeführt.

Nachdem das Amtsgericht Nordhorn den Fahrer des Gespanns zu einer Geldbuße von 285 Euro verurteilt hatte, legte dieser Rechtsbeschwerde beim Oberlandesgericht Oldenburg ein.

Da das OLG jedoch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Fahrers feststellen konnte, wies es die Rechtsbeschwerde als unbegründet zurück.

Die Gewichtskontrolle ist auch bei Kartoffeln essentiell!

Unter Bezugnahme auf einen Beschluss des OLG Frankfurt vom 01.07.2019, Az. 2 Ss-OWi 1077/18, wies das OLG darauf hin, dass schon aus Gründen der Verkehrssicherheit strenge Anforderungen an die gewichtsbezogenen Kontrollpflichten eines Fahrzeugführers zu stellen seien.

Für den Vorwurf der Fahrlässigkeit komme es nicht (mehr) darauf an, ob ein Fahrzeugführer die Überladung „erkennen“ konnte, sondern darauf, ob er sie hätte vermeiden können.

Vielmehr hätte er sich mit Mitteln ausstatten und/oder Fähigkeiten aneignen müssen, die es ihm ermöglichen, eine Überladung zu vermeiden. Im vorliegenden Fall hätte dies z.B. durch einen Blick in den Anhänger und die Berechnung des ungefähren Gewichts der Kartoffeln geschehen können. Da der Fahrer kein Landwirt war und ihm daher entsprechende Erfahrungswerte fehlten, hätte er sich vor Fahrtantritt durch entsprechende Erkundigungen über die Grundlagen der Gewichtsermittlung informieren müssen.

Welches Gewicht ist bei Sattelzügen maßgeblich?

Ein Sattelzug ist aus zwei eigenständig zugelassenen Fahrzeugen zusammengesetzt, nämlich aus der Sattelzugmaschine und dem Sattelanhänger (Sattelauflieger). Das Vorderteil des Sattelanhängers liegt auf der Sattelzugmaschine auf und ist mit ihr durch eine Kupplung verbunden und wird von der Zugmaschine getragen und gezogen. In der Folge ist ein Sattelzug daher als e i n e   Fahrzeugeinheit und als  e i n  Fahrzeug anzusehen (z.B. OLG Köln, Beschl. v. 31.08.1984, Az. 3 Ss 449/84).  Dies führt dazu, dass für das zulässige Gesamtgewicht nur die Obergrenze von 38 t (§ 34 Abs 3 Nr 3c StVZO) zugrunde zu legen ist. Das zulässige Gesamtgewicht der Sattelzugmaschine ist unerheblich.

Halter haften mit!

Das OLG Frankfurt hatte darauf hingewiesen, dass der Fahrer bei einer Überladung unmittelbar gegen die Vorschrift des § 34 StVZO verstößt, die als Spezialvorschrift dem § 23 I 2 StVO vorgeht.

Hinsichtlich des Transportunternehmers hatte es festgestellt, dass dieser als Halter nach §§ 31, 34 StVZO dafür zu sorgen habe, dass ein überladenes Fahrzeug nicht am Straßenverkehr teilnimmt.

Ein Transportunternehmer würde mit einer „unzulässigen“ und damit rechtswidrigen Fahrt adäquat kausal einen unzulässigen wirtschaftlichen Mehrwert erzielen, der aus präventiv-ordnungsrechtlichen Gründen und aus dem Grundsatz der Gleichheit vor dem Gesetz jedenfalls dann zwingend durch ein Bußgeld abzuschöpfen sei, wenn er vom Transportunternehmer zumindest vorwerfbar (mit-)erwirtschaftet worden sei.

Kann weder dem Fahrer noch dem Transportunternehmer ein zumindest fahrlässiges Verschulden an der Überladung nachgewiesen werden, ist der durch die unzulässige Fahrt erzielte Mehrwert zumindest nachrangig nach § 29 a OWiG abzuschöpfen.

Fazit

Der Fahrzeugführer ist gut beraten, sich mit den notwendigen technischen Hilfsmitteln und Fähigkeiten auszustatten, die eine Ausnutzung des zulässigen Gesamtgewichts ohne Überschreitung der gesetzlichen Gewichtsgrenzen ermöglichen. Ob und welche zuverlässigen Hilfsmittel zur Vermeidung von Überladungen eingesetzt werden, liegt in der Verantwortung des Fahrzeugführers. Demgegenüber hat der Fahrzeughalter dafür zu sorgen, dass der Fahrzeugführer seine Pflichten erfüllen kann (vgl. § 31 II StVZO).

Dies ist auf jeden Fall besser, als wenn der Führer eines Fahrzeugs auf Verlangen einer zuständigen Person das Gewicht auf einer Waage oder einem Achslastmesser (Radlastmesser) feststellen lassen muss und nach einer Überlastung für eine entsprechende Um- oder Entladung zu sorgen hat, deren Kosten der Halter zu tragen hat.

Bildnachweis:  fietzfotos / Pixabay

(Veröffentlichungsdatum: 22.11.2024)