

Auch bei Ordnungswidrigkeiten gibt es einen Anspruch auf ein faires Verfahren!
Rohmessdaten sind der Kern jeder digitalen Geschwindigkeitsmessung. Sie bilden das Geschehen zum Zeitpunkt der Messung ab und dienen als Basis für die Berechnung des vorgeworfenen Messwerts. Ob und in welchem Umfang Betroffene einen Anspruch auf Einsicht in und Überprüfung von Rohmessdaten haben, war lange umstritten. Dabei gibt das Recht auf ein faires Verfahren (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG) Beschwerdeführern grundsätzlich einen Anspruch auf Zugang zu nicht bei der Bußgeldakte befindlichen, aber bei der Bußgeldbehörde vorhandenen Informationen. Zu diesen zählen auch die Rohmessdaten einer Geschwindigkeitsmessung im Straßenverkehr (BVerfG, Kammerbeschluss v. 12.11.2020, Az. 2 BvR 1616/18). Die Ablehnung eines, auf Einsichtnahme gerichteten Beweisantrags kann daher zugleich eine Gehörsverletzung im Sinne von § 80 Abs. 1 Nr. 2 OWiG darstellen.
In dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts heißt es wörtlich:
„1. Zu den wesentlichen Grundsätzen eines rechtsstaatlichen Verfahrens zählt das Recht auf ein faires Verfahren (vgl. BVerfGE 26, 66 <71>). Es erschöpft sich nicht in der Selbstbeschränkung staatlicher Mittel gegenüber den beschränkten Möglichkeiten des Einzelnen, die sich in der Verpflichtung niederschlägt, dass staatliche Organe korrekt und fair zu verfahren haben (vgl. BVerfGE 38, 105 <111>). Als ein unverzichtbares Element der Rechtsstaatlichkeit des Strafverfahrens und daran anknüpfender Verfahren gewährleistet es dem Betroffenen, prozessuale Rechte und Möglichkeiten mit der erforderlichen Sachkunde selbständig wahrzunehmen und Übergriffe der im vorstehenden Sinn rechtsstaatlich begrenzten Rechtsausübung staatlicher Stellen oder anderer Verfahrensbeteiligter angemessen abwehren zu können. Der Anspruch auf ein faires Verfahren ist durch das Verlangen nach verfahrensrechtlicher „Waffengleichheit“ von Ankläger und Beschuldigtem gekennzeichnet und dient damit in besonderem Maße dem Schutz des Beschuldigten, für den bis zur Verurteilung die Vermutung seiner Unschuld streitet (vgl. BVerfGE 38, 105 <111>).
Dabei enthält das Recht auf ein faires Verfahren keine in allen Einzelheiten bestimmten Ge- oder Verbote; vielmehr bedarf es der Konkretisierung je nach den sachlichen Gegebenheiten. Eine Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren liegt erst dann vor, wenn eine Gesamtschau auf das Verfahrensrecht – auch in seiner Auslegung und Anwendung durch die Fachgerichte – ergibt, dass rechtsstaatlich zwingende Folgerungen nicht gezogen worden sind oder rechtsstaatlich Unverzichtbares preisgegeben worden ist (vgl. BVerfGE 57, 250 <275 f.>; 63, 45 <61>; 64, 135 <145 f.>; 70, 297 <308 f.>; 86, 288 <317 f.>; 122, 248 <272>).
Im Rechtsstaat darf der Betroffene nicht bloßes Objekt des Verfahrens sein; ihm muss die Möglichkeit gegeben werden, zur Wahrung seiner Rechte auf den Gang und das Ergebnis des Verfahrens Einfluss zu nehmen (vgl. BVerfGE 65, 171 <174 f.>; 66, 313 <318>; 133, 168 <200>). Dabei wendet sich das Gebot zur fairen Verfahrensgestaltung nicht nur an die Gerichte, sondern ist auch von allen anderen staatlichen Organen zu beachten, die auf den Gang eines Strafverfahrens Einfluss nehmen, demgemäß auch von der Exekutive, soweit sie sich rechtlich gehalten sieht, bestimmte Beweismittel nicht freizugeben (vgl. BVerfGE 57, 250 <283>).
Im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtschau auf das Verfahrensrecht sind auch die Erfordernisse einer funktionstüchtigen Rechtspflege in den Blick zu nehmen (vgl. BVerfGE 47, 239 <250>; 80, 367 <375>; 122, 248 <272>; 133, 168 <200 f.>). Verfahrensgestaltungen, die den Erfordernissen einer wirksamen Rechtspflege dienen, verletzen daher nicht schon dann den Anspruch auf ein faires Verfahren, wenn verfahrensrechtliche Positionen des Betroffenen dabei eine Zurücksetzung zugunsten einer wirksamen Rechtspflege erfahren (vgl. BVerfGE 122, 248 <273>; 133, 168 <201>).
2. Diesen Anforderungen an ein faires Verfahren werden die angegriffenen Entscheidungen nicht vollständig gerecht.“
Die Instanzgerichte folgen dem Bundesverfassungsgericht!
Es kann daher nicht verwundern, dass das AG Leverkusen (Beschl. v. 08.02.2021, Az. 55 OWi 120/21) einer Betroffenen ein Recht auf Einsicht in die komplette Messreihe einer Geschwindigkeitsmessung vom Tattag zusprach. Begründet hat es dies – auch beim standardisierten Messverfahren – mit dem Gebot des fairen Verfahrens, „welches sich wiederum aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG ableitet und zudem in Art. 6 EMRK statuiert ist.“ Dementsprechend hatten das AG Köln (Beschl. v. 11.08.2021, Az. 812 OWi 39/21), das AG Langenfeld (Beschl. v. 12.07.2021, Az. 60 OWi 317/21), das AG Solingen (Beschl. v. 29.07.2021, Az. 23 OWi 163/21) oder das AG Ratingen (Beschl. v. 08.04.2021, Az. 22 OWi 46/21 [b]) die Bußgeldbehörde jeweils dazu verpflichtet, dem Verteidiger auf Antrag die Fallakten der gesamten Messreihe des Tattages, inklusive der unverschlüsselten Rohmessdaten zur Verfügung zu stellen.
Allerdings hatte das LG Hagen lediglich einen Anspruch auf Übermittlung der Rohmessdaten, bezüglich des konkreten und zur Last gelegten Geschwindigkeitsverstoßes bejaht. Den Anspruch auf Übersendung der vollständigen Messreihe hat es verneint (LG Hagen, Beschl. v. 05.03.2021, Az. 46 Qs 56/20).
(Veröffentlichungsdatum: 15.02.2022)
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