Nur 80 km/h erlaubt, trotz 100er Zulassung?

Die Straße entscheidet!

Wer einen Autoanhänger mit 100er Zulassung hat, freut sich, dass er auf Autobahnen und Bundesstraßen schneller als 80 km/h fahren darf. Doch die Sache hat einen Haken. Denn selbst wenn die bauartbedingten Anforderungen des § 1 Satz 1 der 9. Ausnahmeverordnung zur StVO erfüllt sind, ist die Höchstgeschwindigkeit gemäß § 3 Abs. 3 Nr. 2 lit. a) bb) StVO auf bestimmten Straßen dennoch auf 80 km/h begrenzt.

Die 100er Ausnahme gilt nicht überall!

Das musste auch ein Autofahrer erfahren, nachdem als er auf einer normalen Bundesstraße, also einer „Kraftfahrstraße ohne bauliche Trennung“ der Fahrbahnen, mit einer Geschwindigkeit von 115 km/h unterwegs und dabei geblitzt worden war. 

Abgesehen davon, dass die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf Bundesstraßen ohnehin „nur“ 100 km/h beträgt, weshalb er auch mit seiner 100er Zulassung deutlich schneller als erlaubt unterwegs gewesen war, staunte er nicht schlecht, als ihm eine Geschwindigkeitsüberschreitung von 35 km/h vorgeworfen wurde.

Das Amtsgericht Kaufbeuren verurteilte den Betroffenen wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit mit einem Kraftfahrzeug mit Anhänger außerhalb geschlossener Ortschaften um 35 km/h zu einer Geldbuße von 255 Euro und einem Fahrverbot von einem Monat.

Die bauliche Trennung der Fahrbahnen ist entscheidend!

Für das Amtsgericht stand fest: Der Betroffene hatte mit seinem Anhängergespann eine „Kraftfahrstraße ohne bauliche Trennung“ mit einer Geschwindigkeit von 115 km/h befahren. Die 100er Zulassung thematisierte es gar nicht.

Nach Auffassung des Gerichts, gelte auf Kraftfahrstraßen ohne bauliche Trennung außerhalb geschlossener Ortschaften für Anhängergespanne ohnehin eine Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h (§§ 3 Abs. 3 Nr. 2 lit. a) bb), 18 Abs. 5 StVO). Der Betroffene legte Rechtsbeschwerde ein.

 Das Bayerische Oberlandesgericht (OLG) bestätigte die Auffassung des Amtsgerichts!

Das OLG(Beschluss v. 14.02.2024, Az. 201 ObOWi 7/24) bestätigte die Auffassung des Amtsgerichts. Entscheidend seien der Ausnahmecharakter der 100er Regelung, der Wortlaut der Regelung sowie systematischen Erwägungen.

Die Formulierung des § 1 Satz 1 der 9. Ausnahmeverordnung zur StVO „„abweichend von § 18 Abs. 5 Nr. 1 StVO“ spreche dafür, dass es sich um eine Ausnahmevorschrift von § 18 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 StVO handele, die eine Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h für Personenkraftwagen mit Anhänger lediglich auf Autobahnen und autobahnähnlich ausgebauten Kraftfahrstraßen vorsehe.

Hätte der Verordnungsgeber gewollt, dass Anhängergespanne, die den technischen Spezifikationen des § 1 Satz 1 der 9. Ausnahmeverordnung zur StVO entsprechen, auf allen Autobahnen und Kraftfahrstraßen eine Höchstgeschwindigkeit bis zu 100 km/h fahren dürfen, hätte auf die Worte „abweichend von § 18 Abs. 5 Nr. 1 der StVO“ verzichtet werden können. Denn gemäß § 3 Abs. 3 Nr. 2 lt. a) bb) StVO gelte für Personenkraftwagen mit Anhänger außerhalb geschlossener Ortschaften ohnehin eine zulässige Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h. daran ändere § 18 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 StVO nichts. Belange der Verkehrssicherheit, wie die Fahrstabilität und das Bremsvermögen der Gespanne, kämen hinzu.

Fazit

Auch wenn eine Pilotwirkung des Urteils nicht ausgeschlossen werden kann, bedeutet dies dennoch nicht, dass andere Gerichte eine andere Auffassung vertreten. Außerdem handelt es sich auch hier um eine Einzelfallentscheidung.

Sollten sie geblitzt worden sein und einen Anhörungsbogen oder einen Bußgeldbescheid erhalten haben, kontaktieren Sie uns!

Wir regeln das!

(Veröffentlichungsdatum: 17.06.2024)